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Nordwestkreis werkelt am Tourismus-Leitbild
Von: Quelle: SVZDer Nordwesten Mecklenburgs mit Boltenhagen und Schaalsee ist erwiesenermaßen Urlaubsland. Allerdings fehlt es bislang an Konzepten, wie sich die touristische Vielfalt von der Ostseeküste bis hinein ins Binnenland im Sinne kleiner Unternehmen vermarkten lässt. Jetzt verabschiedete der Kreistag ein Vier-Punkteprogramm, das Leitbild für eine Tourismusentwicklung im Kreis. "Vernetzung, grüner Tourismus, Marken- und Kommunikationsprozess sowie effiziente Strukturen" sind die Säulen des Leitbildes. "Viel Substanz", sagt Landrätin Birgit Hesse (SPD) und wehrt sich gegen Kritik aus den Reihen der CDU. Die Christdemokraten monierten, dass innerhalb eines Jahres nur ein Positionspapier, aber nicht wie beschlossen, ein fertiges Konzept vorliegt, wie Michael Berkhahn (CDU) betonte.
Papiere und Debatten, die den eigentlichen Akteuren im Binnenland nicht weiterhelfen. Ute Rohrbeck, Inhaberin der Feinen Ziegenkäsemanufaktur Rögnitz, Betreiberin von Ferienwohnungen und erprobt in Eigenregie, um die Gunst der Urlauber zu werben, wünscht sich eine unkomplizierte und effiziente Strategie. Sie sagt: "Tourismusförderung ist Wirtschaftsförderung im eigentlichen Sinne". Was die zahlreichen Anbieter zwischen Küste und Schaalsee nicht bräuchten, sind teure und nicht bezahlbare Werbeplätze in Hochglanzprospekten der vom Kreis unterstützten Tourismusverbände. "Unser Problem sind die Marketingagenturen und ihre Faltblatt-Strategien mit Ausrichtung Küste. Eine Präsentation ist dort nur mit hohem finanziellen Aufwand möglich", sagt Rohrbeck. Das sei nicht attraktiv für die kleinen aber wichtigen Akteure. Es fehle an einem Konzept, die gesamte Kreativität des Binnenlandes in den Produkten der Tourismusverbände zu platzieren. Ein vom Kreis finanziell unterstützter Werbeauftritt wäre eine wirkliche Chance, quasi ein Stück echte Wirtschaftsförderung. Nicht zuletzt gibt es mit dem Biosphärenreservat und den dortigen Urlaubsanbietern wichtige Bausteine im Binnenland.
Mit der Verabschiedung des Leitbildes bekräftigte der Kreistag immerhin "Initiativen aus der touristischen Wirtschaft zu fördern, die dem Tourismus strategische Impulse geben können". Basis bleibt dabei das Anfang 2012 ausgearbeitete Entwicklungsprogramm Tourismus 2020. Das beinhaltet eine Zusammenarbeit mit den Akteuren mit "gegebenenfalls externer Beratung". Konkreteres findet sich nicht.
In dem daraus entwickelten Leitbild sieht Frank Junge (SPD) eine wichtige Voraussetzung zur Sicherung der Landesunterstützung. "Diskrepanzen zwischen der Ostseeregion und dem Binnenland" will der Wismarer nicht überbewerten, denn "es gibt Instrumente, derartiger Entwicklungen entgegenzuwirken", meint Junge. Heiner Wilms (SPD) fügt hinzu: "Ein gutes Konzept braucht auch seine Zeit."
Offen bleibt bei der Tourismusförderung das Wie, denn große finanzielle Sprünge dürften angesichts der aktuellen Haushaltslage und ehrgeiziger, Millionen von Euro teuren Verwaltungsneubauten kaum möglich sein. Zudem zahlt der Nordwestkreis weiterhin für die Mitgliedschaft in zwei Tourismusverbänden - Mecklenburgischer Ostseebäder und Mecklenburg-Schwerin. Grund: Der Austritt aus dem Schweriner Verband wurde wegen einer nicht abgesendeten Kündigung nicht rechtswirksam. Vertreter der Linkspartei stimmt das positiv, sie sehen darin jetzt eine echte Chance für das Hinterland. Der von der Grünenpolitikerin Regina Groß geforderte Austritt aus dem Tourismusverband Mecklenburgische Ostseeküste lehnte der Kreistag ab. Groß vermisst ein "professionelles Marketing". Was bleibt sind die Mitglieds kosten in den Verbänden von etwa 70 000 Euro jährlich.
Dass die kreiseigene Wirtschaftstfördergesellschaft möglicherweise touristisch angelegte Basisprojekte unterstützt, dürfte ausgeschlossen sein. Vielmehr zahlt der Kreis 750 000 Euro zur Liquiditätssicherung in die Rücklage der Gesellschaft ein. Somit werden in den Folgejahren die "kleinen" Akteure im Hinterland eher allein um eine Platzierung auf Augenhöhe mit Hotelketten an der Küste kämpfen müssen.