Nachrichtenportal-Nachricht
Schönberg verliert an Attraktivität
Aufgelesen, aktualisiert 3.01.2015Trostlos sieht es aus auf dem Marktplatz in Schönberg. An vielen
Fensterscheiben fehlen Gardinen. Der Putz an einigen Fassaden bröckelt.
Und in gleich mehreren Fenstern hängen Schilder mit der Aufschrift: zu vermieten oder zu verkaufen. Ein Geschäft für Kindermode musste in der Stadt mit 4500 Einwohnern schließen, ein Schuhladen, ein Fleischer, ein Elektroladen, ein Damen- und Herren-Modegeschäft, ein Lebensmittelmarkt und viele andere. Schönberg hat somit ähnliche strukturelle Probleme wie die Stadt Gadebusch. Auch die alte Münzstadt verliert zunehmend an Attraktivität.
Der Hauptgrund für die Entwicklung in Schönberg ist aus Sicht von Rolf Prauss, der ein Cafe hat: die nur 20 Kilometer entfernte Großstadt Lübeck. "Lübeck macht viel aus. Neulich waren zum Beispiel Leute hier, die haben im Dalslandcenter Kaffee getrunken, die wollten nach Lübeck und Schuhe kaufen. Da habe ich gesagt, wir haben doch einen Schuhladen hier. Ja, aber der ist zu teuer. Und das war genauso mit dem Uhrenladen, der hier war. Die hatte Goldkettchen und so. Ich meine, wer geht denn da schon jeden Tag hin und kauft eine Uhr. Und außerdem kriegt man die Uhren ja billiger im Supermarkt."
Und davon wiederum hat Schönberg mehr als genug. Sechs insgesamt. Die meisten im Neubaugebiet, nur einer in der Altstadt. Doch auch der will weg aus dem Zentrum, hin ins Neubaugebiet, bedauert Bürgermeister Lutz Götze. "Ja, was sollte die Stadt machen. Wenn die Stadt nicht zugestimmt hätte, das Lidl umzieht, wäre der Discounter aus Schönberg weg. Wir hatten nur die Möglichkeit, entweder Ja zu sagen und das Gelände, was wir haben, zur Verfügung zu stellen, sprich zu verkaufen."
Vor allem für die Einwohner aus der Altstadt ist der Umzug des letzten Supermarktes ein Problem, sagt Götze. Denn sie müssen demnächst einen bis zu zwei Kilometer weiteren Weg gehen. Dabei hat die Stadt versucht, die gute Stube - den Markt - attraktiver für Einzelhändler zu machen. Erst vor zweieinhalb Jahren hat sie mehr als eine Millionen Euro investiert. In neues Straßenpflaster, Bänke, Bäume und einen Brunnen. Götze: "Wir wollten dort ein buntes Treiben haben, Händler, Cafes, so dass die Menschen sich auch mal auf den Marktplatz setzen können im Sommer. Aber das ist noch nicht gelungen."
Jürgen Weigel ist Besitzer des Eiscafes am Markt. Seit Jahren geht sein Umsatz zurück. Allein in diesem Jahr eigenen Angaben zufolge um mehrere zehntausend Euro. Weigel sagt: die Altstadt ist Tod. Ähnlich sieht es Bäcker Daniel Schwabe. Er gibt der Stadt eine Mitschuld. "Die Parkplatzsituation ist miserabel. Die Kunden heutzutage wollen am liebsten vor der Haustür parken, reingehen und sich was mitnehmen."" Hinzu kommt ein selbst gemachtes Problem in Schönberg. Kurz nach der Wende rollten viele Autos durch die Stadt. Der Weg durch Schönberg war der einzige, um nach Lübeck zu kommen. Das Positive: Autofahrer hielten an, kauften ein oder gingen Essen in einem der beiden Hotels. Die vielen Autos nervten allerdings die Anwohner. Sie forderten eine Umgehungsstraße und bekamen sie. Die Folge: Nach dem Bau der Umgehungsstraße und der Autobahn 20 rollt der Verkehr seit Jahren an Schönberg vorbei. Autofahrer halten seitdem nur noch selten in der Stadt. Erst vor kurzem hat nun auch noch ein Drogeriemarkt Schönberg den Rücken gekehrt. Einwohner befürchten mittlerweile sogar, dass weitere Läden in der Altstadt schließen. Der Grund: Es gibt Pläne für ein neues Einkaufszentrum - im Neubaugebiet, also dort, wo es schon fünf Supermärkte gibt. Die Stadtvertreter haben grünes Licht gegeben - trotz der Bedenken einiger Einzelhändler.
Selmsdorf-Agentur: Karl-Heinz Kniep / Quelle: SVZ